Mittwoch 22. März 2023

Comenius-Schüler*innen präsentieren Holocaust-Überlebendem seine unbekannte Düsseldorfer Familiengeschichte

Es waren sehr emotionale Augenblicke bei der gestrigen Sitzung der AG “Stolpersteine: Jüdische Schüler des Comenius-Gymnasiums 1933-45”. Die zwölf Schüler*innen aus Klasse 9 und aus der Stufe EF hatten nämlich einen ganz besonderen Gast: Per Videokonferenz war der 81jährige Gershon Willinger aus Toronto (Kanada) zugeschaltet. Die AG hat den Holocaust-Überlebenden in den letzten Wochen ausfindig machen können – denn ihn verbindet eine ganz besondere Geschichte mit unserer Schule: Gershon Willinger ist der Sohn eines ehemaligen Comenius-Schülers und der Neffe von zwei weiteren ehemaligen Comenianern. Diese drei Willinger-Brüder gingen zwischen 1912 und 1916 auf unsere Schule – und alle drei wurden von den Nationalsozialisten im Dritten Reich ermordet.

Bis jetzt kannte Gershon Willinger seine Düsseldorfer Familiengeschichte nicht, da kaum jemand aus seinem Umfeld den Nazi-Terror überlebte. Er selbst kam als Einjähriger für drei Jahre bis zum Kriegsende in Konzentrationslager. Unsere AG-Schüler*innen konnten ihm nun Informationen über das Leben seines Vaters Guido und dessen Brüder Ismar und Kurt im Düsseldorf der 1910er Jahre präsentieren. Zu allen drei Willinger-Jungen sind die Schüler-Karteikarten sowie die Zeugnislisten im Schularchiv erhalten geblieben. Außerdem hat die AG recherchiert, dass die Familie auf der Leostraße 7 in Oberkassel lebte. Der Vater – Gershons Großvater Sammy – war Kaufmann, die Mutter Rosa führte (für die Zeit vor 100 Jahren erstaunlich emanzipiert) das „Damenkonfectionsgeschäft Louvre“ auf der Graf-Adolf-Straße 11, gegenüber dem Ende der Kö. Beide Gebäude existieren noch – und der Enkel in Toronto freute sich sehr, Bilder davon zu sehen.

Für alle Beteiligten war es ein absolut außergewöhnliches Ereignis: Unsere Schüler*innen konnten dem Sohn eines von den Nazis ermordeten ehemaligen Comenius-Schülers, der selbst Überlebender der Shoa ist, kleine Mosaiksteine seiner bisher unbekannten Familiengeschichte präsentieren. Gershon Willinger selbst war davon sehr gerührt, bedankte sich bei unseren Schüler*innen für ihre Recherchearbeit und erzählt Einiges über seinen schweren Lebensweg. Unterstützt wurde das Gespräch durch Daniella Lurion vom Simon-Wiesenthal-Center in Toronto, die hierfür extra in unsere Schule gekommen war und die Videokonferenz moderierte.

Die AG lud Gershon Willinger zu einem Besuch nach Oberkassel ein. Er willigte freudig ein und erteilte seine Erlaubnis, Stolpersteine für seinen Vater, die beiden Onkel, die Großmutter und ggf. weitere Familienangehörige zu beantragen, die alle Opfer der systematischen Judenverfolgung wurden. Wir freuen uns sehr darauf, diesen ganz besonderen Sohn eines ehemaligen Comenius-Schülers bald hier bei uns begrüßen zu können!

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